Zur Debatte um den Einsatz der Corona-Warn-App erklärt der Landesdatenschutzbeauftragte Dieter Kugelmann: „Mehrere Millionen Bundesbürger nutzen mittlerweile die Corona-Warn-App. Aus Sicht der Datenschützer in Deutschland ist die vom Robert Koch-Institut betriebene App in Ordnung, und man kann sie guten Gewissens herunterladen. Allerdings werden die Stimmen von Unternehmern, Veranstaltern und anderen Verantwortlichen lauter, die überlegen, die App als Eintrittskarte für Konzerte, Veranstaltungen oder gar für Betriebsstätten zu verlangen. Aus Datenschutz-Sicht sind entsprechende Gedankenspiele kontraproduktiv und zu verwerfen. Nur weil die App in Deutschland dezentral organisiert und freiwillig ist, haben mehrere Millionen Menschen diese heruntergeladen und nutzen sie guten Gewissens. Wenn Bürger nun bestimmte Angebote und Dienstleistungen nur noch in Anspruch nehmen könnten, wenn sie ein Smartphone mit der Corona-Warn-App dabei hätten, würde dies die Freiwilligkeit untergraben. Mühsam erarbeitetes Vertrauen würde leichtfertig verspielt. Eine entsprechende Entwicklung wäre mittel- und langfristig fatal. Die Corona-Warn-App muss freiwillig bleiben.“
Professor Kugelmann, Landesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz (LfDI), erklärt weiter: „In Medienberichten ist zu lesen, Mainzplus City Marketing erwäge oder habe erwogen, dass Besucherinnen und Besucher von Veranstaltungen in Mainz die App vorzeigen sollten oder müssten. Der LfDI ist von einem Bürger angeschrieben worden mit der Bitte, dies zu prüfen. Aus Sicht des LfDI ist es rechtlich in aller Regel unzulässig, wenn Veranstalter oder Geschäftsinhaber die Verwendung der Corona-Warn-App als Voraussetzung zum Zutritt verlangen. Überdies wäre ein entsprechendes Ansinnen nicht zielführend: Personen, die beim Einlass ihr Handy vorgezeigt haben, könnten direkt im Anschluss Bluetooth deaktivieren. Der beabsichtigte Zweck (Gesundheitsschutz) könnte über die Verpflichtung, die App vorzuzeigen, also nicht erreicht werden.“
Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder hat unmissverständlich klargestellt, dass der Ansatz der Freiwilligkeit nicht durch eine zweckentfremdende Nutzung untergraben werden dürfe: „Der Zugang zu behördlichen Einrichtungen, Arbeitsstätten, Handelsgeschäften, Gastronomiebetrieben und Beherbergungsstätten, Sportstätten, etc. darf nicht vom Vorweisen der App abhängig gemacht werden. Hierbei würde es sich um eine zweckwidrige Verwendung handeln, die bereits mit dem Konzept der Freiwilligkeit nicht vereinbar ist. Eine Diskriminierung von Personen, die die App nicht anwenden, ist auszuschließen.“ (siehe Pressemitteilung). Auch die zum Teil vorgebrachte Argumentation, der Kunde könne ja selbst entscheiden, ob er den Zutritt wolle und seine App vorzeige, stellt keine datenschutzrechtlich tragfähige Lösung dar: Ein solches Tauschgeschäft wäre nicht wirklich freiwillig. Hinzu kommt, dass die von der App erzeugten Daten keine ausreichenden Rückschlüsse auf eine Covid19-Infektion liefern und die Koppelung des Zugangs an das Vorzeigen der App daher keine geeignete Maßnahme darstellt, um die berechtigten Interessen der Veranstalter und Geschäftsinhaber zu wahren.
Als zweiter Diskussionspunkt kristallisiert sich eine Frage des Beschäftigtendatenschutzes heraus: Aus Sicht des LfDI darf ein Arbeitgeber seine Beschäftigten nicht verpflichten, die Corona-Warn-App auf ihren Smartphones zu installieren. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers erstreckt sich nicht so weit, als dass er Beschäftigten aufgeben könnte, auf seinem Privatgerät eine bestimmte Hard- und Software zu verwenden. Überdies darf kein Beschäftigter darauf verpflichtet werden, durchgängig seine Kontakte und seinen Gesundheitszustand erfassen zu lassen. Dies gilt umso mehr, als eine Erfassung überhaupt nur sinnvoll wäre, wenn sie auch während der Freizeit stattfinden würde. Ein solch massiver Eingriff in die Freiheit des Beschäftigten ist nicht zulässig, da dem Arbeitgeber zum Schutz seiner Beschäftigten mildere Mittel in der Form der allgemeinen Hygienemaßnahmen zur Verfügung stehen.
Foto: Jana Kay