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Ampel-Fraktionen: Gesetz zur „Anpassung“ bei Grundsteuer

Symbolbild Miete

Ab 2025 wird es in Mainz durch die Reform der Grundsteuer voraussichtlich auch zu einer deutlichen Erhöhung der Steuerbeträge kommen. Die Reform führt dazu, dass viele Grundstücke und Immobilien in Mainz neu bewertet werden. Dadurch steigen die sogenannten Messbeträge, die als Basis für die Berechnung der Grundsteuer dienen.

Aktuell liegt der Hebesatz in Mainz bei 480 Prozent, doch es wird diskutiert, diesen ab 2025 auf 600 Prozent anzuheben. Dies könnte für Eigentümer und Mieter eine erhebliche Belastung darstellen, da die Grundsteuer auf die Mieten umgelegt werden darf. Ein Beispiel zeigt, dass die Grundsteuer für ein Einfamilienhaus aus den 1960er Jahren von 150 Euro auf etwa 860 Euro jährlich steigen könnte. Eine aufkommensneutrale Reform würde hingegen eine Senkung des Hebesatzes erfordern, aber die Stadt hat bereits signalisiert, dass dies angesichts ihrer Finanzlage unwahrscheinlich ist.

Die Grundsteuerreform betrifft nicht nur Mainz, sondern auch andere Städte in Rheinland-Pfalz, wobei für viele Bürger eine erhebliche Mehrbelastung zu erwarten ist.

Ampel-Fraktionen: Anpassung bei Grundsteuer – Gesetz soll Selbstverwaltung stärken

„Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung, spezifische Lösungsmöglichkeiten für die unterschiedlichen Gegebenheiten im Flächenland Rheinland-Pfalz und die Option zur Förderung des Wohnraumangebots vor Ort: Das ermöglichen wir mit der Neuregelung des Grundsteuerhebesatzgesetzes.“ Mit diesen Worten fassen die haushaltspolitische Sprecherin und die haushalts- und finanzpolitischen Sprecher der Koalitions-Fraktionen – Markus Stein (SPD), Pia Schellhammer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Philipp Fernis (FDP) – den Inhalt eines Gesetzentwurfs zusammen, den die Ampel-Fraktionen ins Dezember-Plenum einbringen. „Wir reagieren so auf die Rückmeldungen aus vielen Gesprächen rund um die bundesweite Grundsteuerreform, die durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts notwendig wurde. Dabei stärken wir den Entscheidungsspielraum der Kommunen bei den für sie essenziell wichtigen Einnahmen aus dieser kommunalen Steuer.“

Das Gesetz ermöglicht den Kommunen, beim Hebesatz der Grundsteuer B Differenzierungen vorzunehmen. Es sollen künftig eigene Hebesätze für die drei Kategorien der Grundsteuer B – Wohngrundstücke, Nichtwohngrundstücke und unbebaute Grundstücke – erhoben werden können. Hintergrund ist, dass sich im Zuge der bundesweiten Grundsteuerreform und der Ausrichtung am Bundesmodell gezeigt hat, dass es bei der Grundsteuer B in manchen Kommunen eine Belastungsverschiebung von gewerblich genutzten Grundstücken hin zu Wohngrundstücken geben kann. Die bisherigen Möglichkeiten der Kommunen die Grundsteuer A (land- und forstwirtschaftliche Grundstücke) beziehungsweise C (unbebaute baureife Grundstücke) zu erheben bleiben davon im Übrigen unberührt.

„Mit der Gesetzesänderung machen wir Gebrauch von der bei der Reform geschaffenen Länderöffnungsklausel. Mit der so gebotenen Option für die Kommunen, differenzierte Steuersätze zu erheben, können spezifische Verhältnisse vor Ort besser berücksichtigt werden. Denn die Belastungsverschiebungen stellen sich landesweit sehr unterschiedlich dar. Dem trägt der Gesetzentwurf Rechnung“, erläutern Stein, Schellhammer und Fernis.

Für die Kommunen im Land besteht durch die Gesetzesänderung eine Handlungsoption, aber keine Pflicht. Es müssen keine Anpassungen vorgenommen werden. Dort, wo die Kommune eine Differenzierung der Hebesätze für sinnvoll erachtet, bedarf es einer sachlichen Begründung, die beispielsweise in der Verwirklichung kommunalpolitischer Ziele wie etwa der Förderung des Wohnraumangebots in der Gemeinde liegen könnte. Entscheidet sich eine Kommune dafür, ist der Beschluss zum Grundsteuerhebesatz bis zum 30. Juni eines Kalenderjahres zu treffen – er gilt rückwirkend zum Start des Jahres. Ein Beschluss bis zum 30. Juni 2025 ermöglicht also rückwirkende Änderungen zum 1. Januar 2025.

Abschließend betonen Stein, Schellhammer und Fernis: „Der Gesetzentwurf ist die Folge einer intensiven und sorgfältigen Auseinandersetzung mit dem Thema. Dabei sind auch Erfahrungen der Bundesländer eingeflossen, die wie Rheinland-Pfalz das Bundesmodell für das gerechteste halten und sich daran orientieren. Auch diese Bundesländer setzen teils auf die Möglichkeit differenzierter Hebesätze für Kommunen – so etwa Nordrhein-Westfalen oder Schleswig-Holstein. Die dortigen Entwicklungen wurden beobachtet sowie Anregungen aus den Kommunen entsprechend berücksichtigt. Dabei sind wir dankbar, mit unseren Anpassungen auf der guten Vorarbeit der Landesregierung und insbesondere des Finanzministeriums bei der Umsetzung der Grundsteuerreform aufbauen zu können.“

Freie Wähler: Die Politik muss zu ihrem Wort stehen

Die Stadtratsfraktion der FREIEN WÄHLER Mainz unterstützt OB Haase bei seiner Forderung, den Hebesatz bei der Grundsteuer so auszutarieren, dass die von der Reform betroffenen Mainzerinnen und Mainzer nicht überfordert werden. Einer Reform, die durch die Angleichung historischer Hebesätze beim Versuch, Ungerechtigkeiten zu beseitigen, neue geschaffen hat. Es ist sicher nicht Aufgabe der Stadt Mainz, die Folgen der verkorksten Grundsteuerreform zu heilen. Aber es ist Aufgabe der politisch Verantwortlichen, die mit der Reform verbundenen Mehrbelastungen in erträglichen Grenzen zu halten. Anders als andere Kommunen wäre die Stadt Mainz durch das Biontech-Wunder in der Lage gewesen, hier rechtzeitig Vorsorge zu tragen. Daher kann es nicht unser Ziel sein, mit dem ganz großen Schluck aus der Grundsteuerpulle der durch Bund und Land verursachten strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen entgegenzuwirken. Umso erstaunlicher, dass der Stadtrat sich jetzt mit einem Haushaltsentwurf auseinanderzusetzen hat, der exakt auf dieser Basis erstellt wurde.

Das Land Rheinland-Pfalz hat den Folgen der Reform trotz der zahlreichen Einwände von Kommunen und Verbänden viel zu lange tatenlos zugesehen. Erst jetzt, quasi fünf vor zwölf, legt die Landesregierung einen Gesetzesentwurf mit dem Ziel einer Belastungsverschiebung zugunsten von Wohnimmobilien vor, der den Kommunen zunächst einmal neue Bürokratie auferlegt. Im politischen Mainz gab bis heute weitgehend Einigkeit, am Ziel, diese Reform zumindest insgesamt aufkommensneutral zu gestalten, festhalten zu wollen. Exakt diese Formulierung findet sich im Koalitionsvertrag der alten Mainzer Ampel. Allein die Beibehaltung des aktuellen Hebesatzes von 480 Prozent würde der Stadtkasse gut 10 Mio. € mehr in die Kasse spülen. Die im Stadtrat vertretenen Parteien sollten daher zu ihrem Wort stehen, dass sie den Mainzerinnen und Mainzern noch im Wahlkampf gegeben haben. Auch diejenigen, die noch im Oktober im Stadtrat gegen eine aufkommensneutrale Umsetzung der Grundsteuerreform gestimmt haben.  Eine solche Entscheidung darf nicht Gegenstand eines politischen Spiels werden.

Oberbürgermeister Haase zur Diskussion um die Erhöhung des Grundsteuersatzes

OB Haase begrüßt, dass nun eine Gesetzesinitiative zur Grundsteuer in den rheinland-pfälzischen Landtag eingebracht wurde: „Diese Initiative kommt reichlich spät und sie berücksichtigt leider zentrale Forderungen der Kommunen nicht. Aber sie unterstreicht: Das Land hat nun verstanden, wie stark die Wohnimmobilien durch die Grundsteuerreform belastet werden und dass hier dringender Handlungsbedarf besteht.“

Die Initiative der Landtagsfraktionen von SPD, Grünen und FDP wurde am 20. November veröffentlicht: Das neue „Grundsteuerhebesatzgesetz Rheinland-Pfalz“ soll Kommunen das Recht geben, beim Steuersatz zwischen Wohnimmobilien und anderen Immobilien zu unterscheiden, um so die Mehrbelastung für erstere zu reduzieren. Das Gesetz solle so schnell in Kraft treten, dass die Kommunen die neuen Hebesätze bis zum 30. Juni 2025 mit Wirkung für das Gesamtjahr 2025 einführen können.

Mit der Veröffentlichung des Finanzministeriums am 23. Oktober, so OB Haase, sei für jede Gemeinde in Rheinland-Pfalz klar, welch große Auswirkung die Grundsteuerreform habe. Zudem kenne man nun die Verschiebungen zulasten der Wohnungen und Wohnhäuser speziell in Rheinland-Pfalz. Nach aktuellen Berechnungen müsste die Stadt Mainz den Steuersatz von derzeit 480 auf 403 Prozent senken, damit Wohnimmobilien durch die Reform im Durchschnitt nicht mehrbelastet würden. „Eine Erhöhung auf 600 Prozent würde sogar bedeuten, dass sich die Grundsteuer auf Wohnimmobilien für ganz Mainz fast verdoppeln würde. Dies wäre eine empfindliche Mehrbelastung sowohl für die Mieterinnen und Mieter als auch für die Bewohner von Eigenheimen.“

„Die neuen Entwicklungen bestärken mich darin, dass es falsch wäre, jetzt den Grundsteuersatz in Mainz zu erhöhen. Wir sollten auf die neuen Vorgaben des Landes warten, um die Chance zu bewahren, das neue Gesetz anzuwenden. Die Bürgerinnen und Bürgern haben Stabilität verdient, deshalb können wir unmöglich zweimal innerhalb weniger Monate denselben Steuersatz ändern.“ betont Haase.

Der Verwaltungsentwurf für den Haushalt 2025 der Stadt Mainz werde wie geplant am 27. November in den Stadtrat eingebracht und durch den Finanzdezernenten vorgestellt. Der Entwurf enthalte sämtliche vom Finanzdezernat vorgebrachten möglichen Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen, darunter auch den ursprünglich geplanten Grundsteuersatz von 600 Prozent. Eine Änderung wäre, so die Informationen des Finanzdezernats, bei einem komplexen 1.500-seitigen Haushalt nicht mehr kurzfristig umsetzbar gewesen. „Zudem entspricht der Aufgabe der Finanzverwaltung, die unterschiedlichen Optionen zur Einnahmeverbesserung umfassend darzustellen“, erinnert Oberbürgermeister Haase. „Das ist auch gut so, denn der Stadtrat hat das Recht, jede einzelne Maßnahme und deren Auswirkungen zu kennen.“

Das Haushaltsdefizit für 2025 erheblich zu senken, sei eine Herkulesaufgabe, der sich die Stadtverwaltung mit großer Anstrengung gewidmet habe. Neben vielen Einnahmeverbesserungen stand in den letzten Monaten vor allem die Ausgabenreduzierung auf der Agenda. Dabei seien erhebliche Fortschritte erzielt worden, den Anstieg der Personalkosten zu bremsen, Prozesse zu optimieren, Aufgaben zu hinterfragen und vor allem die Investitionen realistischer zu planen und Prioritäten zu setzen. „Die Arbeit aller Mitarbeitenden der Finanzverwaltung war vor dieser großen Aufgabe und dem hohen Druck enorm, und für diesen Einsatz sind wir sehr dankbar.“

„Am 27. November beginnen die Haushaltsberatungen im Stadtrat. Die Fraktionen und auch ich als Oberbürgermeister werden die notwendigen Entscheidungen mit großem Verantwortungsbewusstsein treffen. Das Ziel muss dabei sein, das Defizit zu begrenzen, ohne dabei die Belastungsgrenze der Bürger zu überschreiten“, fasst Haase die Herausforderung zusammen.

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