Hochkonjunktur derzeit für die Ordnungsämter. Viele Corona-Regeln wollen umgesetzt werden. Wir begleiten Bernd W. und Max B. vom Kommunalen Vollzugsdienst auf Streife. Seit den ersten Einschränkungen hat sich ihr Arbeitsalltag stark verändert. Die Kollegen sind viel unterwegs. Aufgrund von Personalmangel wurden bereits sieben neue Stellen ausgeschrieben und somit nun insgesamt 18 zusätzliche Stellen geschaffen. Die Einsatzzentrale, welche die Anrufe entgegennimmt, soll 2021 in den Brückenturm (Am Brand) umziehen. Als zentral erreichbare Stadtwache wird sie dann als Anlaufstelle für Beratungen, als Steuerungszentrale für Einsätze und Ort der Organisation von Ordnung in der Stadt dienen. Hier nimmt auch der Dienstgruppenleiter Anrufe entgegen. Zu Beginn des „Lockdowns“ ab Mitte März hatten „gefühlte Blockwarte“ ihre wahre Freude. Es hagelte Meldungen zu Verstößen, manchmal bis zu 300 an einem Tag; 80 bis 90 Prozent davon erwiesen sich als „falscher Alarm“. Das Land richtete eine zusätzliche Hotline ein.
Vollzugsdienst on Tour
An einem Feiertag im Juni startet die Nachmittagsschicht. Wir befinden uns in der Einsatzzentrale im Stadthaus Kaiserstraße und besprechen die Lage. Zum Zeitpunkt dürfen sich zehn Personen unabhängig ihrer Haushaltszugehörigkeit treffen. Dienstliche Order: Die Kontrollen sollen sich möglichst aus privaten Bereichen heraushalten. Dies erleichtert einiges, da sind sich die Kollegen einig. Maskenpflicht im Streifendienst ist jedoch Pflicht. Bernd findet das richtig und ergänzt: „Nur wenn ich genügend Abstand zur Person habe, ziehe ich die Maske auch schon mal ab. Sonst fehlt das Nonverbale: Lache ich oder gucke ich ernst? Die Mimik kommt sonst nicht rüber…“ Dann kommen auch schon die ersten Aufträge per Telefon rein.
Alarm, die spielen Fußball!
Wir fahren zu einem Sportplatz in der Nähe der Uni. Kontaktsport in der Öffentlichkeit ist zu diesem Zeitpunkt noch verboten; nur Vereine mit entsprechendem Hygienekonzept durften so etwas. Am „Tatort“ etwa 12 Fußballer und zwei Basketballer. Neben Corona-Verstößen kommt zudem das Problem des Hausfriedensbruchs zum Tragen. Denn das Gelände ist eigentlich verschlossen, das Betretungsverbot beschildert. Die Beschuldigten sind über die Tore gestiegen. Bei so vielen Personendaten fordert Max Verstärkung. Da sich keine Kollegen in der Nähe aufhalten, treffen mehrere Polizisten ein – Hausfriedensbruch ist ohnehin deren Metier.
Gut gerüstet
Im Gegensatz zu Polizisten, die mit Pistole, „Taser“-Elektroschockpis- Corona-Kontrollen tole, Handschellen, schusssicherer Weste und teilweise mit „Bodycam“ auftreten, sind Kommunale Vollzugsdienstbeamte mit schuss- und stichfester Weste, Pfeffersprühpistole mit zwei Patronen und Schlagstock ausgestattet. Je nach Einsatzort gehören auch Kabelbinder und Taschenlampe zur Ausrüstung. Für 2021 ist der Einsatz von Bodycams auch für den Vollzugsdienst im Gespräch. Damit habe die Polizei gute Erfahrungen gemacht. Die Angriffe gegen Polizisten seien dadurch gesunken. Noch stellt sich die Frage, inwiefern Bürger hier gleiches Recht auf Videoaufnahmen haben. Hier gibt es unterschiedliche Meinungen. Eine Polizistin kommentiert: „Mir wäre es lieber. Dann muss ich nicht immer wieder aufs Neue diskutieren und bewerten, ob eine Aufnahme rechtens ist.“ Alle Personendaten werden schließlich erfasst und die Ballspieler in Kenntnis gesetzt, bald Post zu erhalten, mit Androhung eines Corona- Bußgelds zu je (maximal) 200 Euro. Auch ein mögliches Verfahren zum Hausfriedensbruch könnte anstehen, das aber wahrscheinlich eingestellt wird. Die Bewertung ist schwierig. Volleyball sei schon wieder erlaubt, einige Personen hatten noch nicht angefangen zu spielen, die einzelnen Abstandsverstöße daher nicht einfach zu definieren. Zudem waren alle Beteiligten kooperativ. Der Schreck, erwischt worden zu sein, schien schon Strafe genug.
Quer durch die Stadt
Und wieder kommt ein neu gemeldeter Fall per Funk rein. Ein Frisör habe am Feiertag geöffnet und schneide ohne Maske Haare. Wir treffen ein. Der Frisör versorgt jedoch nur seine eigenen Söhne mit Haarschnitten. Er wird darauf hingewiesen die Salon-Tür zu schließen, so dass von außen niemand denkt, er habe geöffnet. Als nächstes ist der ÖPNV an der Reihe. Die Einhaltung der Maskenpflicht in einer Tram zwischen Hauptbahnhof und Schillerplatz soll kontrolliert und gewährleistet werden. Alle Fahrgäste halten sich daran; nur die Hinweisschilder in der Bahn selbst sind ungünstig platziert. Weiter geht’s zu Fuß. Bernd und Max nutzen die Gelegenheit, um einen gezielten Blick in Restaurants und (Döner-)Läden zu werfen. Trägt das Personal Masken? Sind Plastik scheiben installiert? Alles in Ordnung! Auf dem Wochenmarkt am Dom gilt seit Anfang Juni keine Maskenpflicht mehr. Nur bei Menschenansammlungen, zum Beispiel beim Anstehen an Ständen bzw. Gedränge wird dazu geraten. Das Bußgeld für das Nichttragen einer Maske liegt ansonsten bei 10 Euro, wird aber bislang nur selten angedroht oder erhoben, zumeist wird mündlich ermahnt. Wer im Bus sitzt und keine Maske trägt oder mit sich führt, muss jedoch aussteigen.
80 „Hotspots“
Etwa 80 Plätze in Mainz werden regelmäßig kontrolliert, auch schon vor Corona, dazu zählt der Volkspark. Ein weiterer Anruf führt uns dorthin. Auf der Grillwiese werde gegrillt. In Mainz ist das derzeit noch verboten. Freundlich werden wir empfangen. Der Grill ist schon nicht mehr heiß. Es bleibt bei Ermahnungen. Bisher sind auch noch keine Verbotsschilder auf der Grillwiese angebracht. Bürger sollen sich vorab informieren, erfolgt die Belehrung, die so weit von den „Angeschwärzten“ akzeptiert wird. Die Zahl der Fälle, die aktuell an die Zentrale Bußgeldstelle Mainz-Bingen weitergeleitet wird, liegt bei etwa 500. Um die 400 Fälle befinden sich noch in der Warteschleife der Aufarbeitung. Das Bußgeld-Volumen der gesamt 900 Fälle liegt in Mainz bei rund 130.000 Euro, meist zu je bis 200 Euro. Bernd, Max und ihre Kollegen geben die Fälle zur Bearbeitung weiter. Was letztlich daraus wird, erfahren sie nicht. Und ein ereignisreicher Tag endet.
Thomas Schneider
Fotos: Stephan Dinges