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2×5 Interview mit Annette Ludwig (Direktorin Gutenberg-Museum)

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Warum braucht das Gutenberg-Museum einen Neubau?

Es geht um eine bauliche und inhaltliche Optimierung des Gutenberg-Museums. Unser Ausstellungsgebäude ist 1962 errichtet worden und genügt in vielerlei Hinsicht nicht mehr den Anforderungen – sei es im Hinblick auf die bauliche Situation oder in Bezug auf die Präsentation. Der Brandschutz, die mangelnde Barrierefreiheit, die veraltete Haustechnik, energetische und konservatorische Probleme, die Infrastruktur und vieles mehr machen den Handlungsbedarf offensichtlich.

Auch unsere Dauerausstellung ist in die Jahre gekommen. Wir können die 2. Hälfte des 20. Jh. bis in die Gegenwart, d. h. auch die Medienrevolution unserer Tage, nicht adäquat präsentieren. Daher haben wir einen EU-weiten Architektenwettbewerb ausgelobt. Viele renommierte Büros haben sich beteiligt. Eine Jury aus Fach- und Sachpreisrichtern hat drei Siegerentwürfe gekürt. Ende Juni soll feststehen, wer den Auftrag erhält.

Es gab einige Kritik an den drei Siegerentwürfen, auch der Vorwurf, sie seien nicht rechtzeitig transparent gemacht worden. Ein Entwurf sieht vor, das Blumenbeet am Liebfrauenplatz zu überbauen. Wie gehen Sie damit um?

Wenn man an einer städtebaulich so herausragenden Stelle etwas bauen möchte, gehören Diskussionen dazu. Wir haben uns von Beginn an um Transparenz bemüht und unser Konzept in den verschiedensten Gremien und der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Ergebnisse wurden im Museum ausgestellt und ich bin bei jeder Führung dabei und beantworte alle Fragen. Rund 5.000 Bürger haben dieses Angebot wahrgenommen.

Viele ändern oder revidieren ihre Meinung, die sie sich anhand der veröffentlichten Abbildungen gemacht haben. So stellt man zum Beispiel fest: Der Turm ist typologisch gar kein Turm, sondern eher ein skulpturales Gebilde mit einer metallischen Außenhaut, die Durchblicke zum Dom ermöglicht. Oder das Blumenbeet auf dem Liebfrauenplatz wurde erst von der Politik zur Bebauung freigegeben. Doch die Jury hat empfohlen, den Baukörper nicht über die Beetfläche gehen zu lassen. Insofern erhalten wir viele positive und ermutigende Rückmeldungen.

Wie wird der Neubau finanziert und wann wird gebaut?

Für den ersdten Bauabschnitt hat die Stadt 5 Mio. Euro bereit gestellt. Das ist, angesichts der Finanzlage der Kommune, ein wichtiges Bekenntnis unseres Trägers. Mit dem nun erstmals vorliegenden Gesamtkonzept sollen weitere Geldgeber gefunden und Gespräche mit Land, Bund und Sponsoren geführt werden. Unser Ziel ist es, schon Ende 2017 mit dem ersten Bauabschnitt beginnen zu können.

Was werden die Highlights im neuen Bau sein?

Unser Motto lautet: „Aus einem Haus der stummen Bücher soll ein Haus lebendiger Geschichte werden“. Die neuen Perspektiven richten sich auf die Verbesserung der Dauerausstellung und der Sonderausstellungsflächen, auf qualitative Verbesserungen der Besucherführung und der Infrastruktur. Auch die Museumspädagogik soll mehr Präsenz erhalten. Das neue Gutenberg-Museum soll die Einzigartigkeit von Gutenbergs Erfindung ebenso wie ihre Wirkung vom Mittelalter bis zur Medienwelt heute angemessen präsentieren.

Wie frei sind Sie in Ihren Entscheidungen?

Wir haben freie Hand was die Programmplanung anbelangt. Auch bei der Aufstellung des neuen Konzeptes hatten wir keine Vorgaben. Expertise erbitten wir von Kollegen und natürlich bringen sich die Mitarbeiter mit ihren Erfahrungen ein. Wir arbeiten vertrauensvoll und konstruktiv zusammen: im Team, mit unserem Dezernat und der Gebäudewirtschaft Mainz.

Mensch

Was reizt Sie am Thema Gutenberg(-Museum)?

Ich habe Kunstgeschichte, Literaturwissenschaft und Baugeschichte studiert, mich mit dem Medium Buch, Grafik, Typographie und Künstlern, auch an der Schnittstelle zum Design, beschäftigt. Daher ist das Profil des Museums und seine einzigartigen Bestände für mich so spannend. Ich bin leidenschaftliche „Museumsmacherin“ und habe mich schon als Kind für Museen begeistert und mit meiner Tante die Museen der Welt besucht. Sie hat mich also letztlich auch zu meinem Beruf gebracht.

Sie haben viel Erfahrung und bringen einige Expertise mit. Ist Ihnen Mainz nicht zu provinziell?

Nein. Es gibt nur dieses Gutenberg-Museum. Auch in der Stadt selbst habe ich mich sofort heimisch gefühlt. Meine Aufgaben halten mich so in Atem, dass keine Abwanderungs-Gedanken aufkommen. Ich fühle mich wohl und mein Team ist toll. Wenn man eine Führungsposition bekleidet, muss man Perspektiven entwickeln und sein Haus zukunftsfähig machen. Hier passiert im Moment eine ganze Menge, das ermutigt mich weiterzumachen.

Haben Sie außer Arbeit noch andere Hobbys?

Seit vielen Jahren habe ich einen Lehrauftrag am Karlsruher Institut für Technologie im Fachbereich Angewandte Kulturwissenschaft. Die Arbeit mit den Studierenden macht mir sehr viel Spaß. Ansonsten gehe ich gern in die Oper und ins Ballett, zumal ich Klassisches Ballett früher auch selbst getanzt habe, in Museen, in Ausstellungen, aber auch die freie Szene interessiert mich. Und mein Mann ist noch mein größtes Hobby. Der ist Professor in Karlsruhe. Wir verreisen gerne ins Ausland. Dort gucke ich mir natürlich auch Museen an (lacht). Mich interessiert eigentlich alles, vor allem der asiatische Raum, in dem zurzeit sehr viel passiert. Aber auch Europa ist spannend. Da bin ich für alles offen.

Wie bringen Sie andere Menschen zum Lachen?

Bisweilen versuche ich Inhalte so zu vermitteln, dass man auch mal darüber schmunzeln kann. Insgesamt bin ich ein fröhlicher Mensch und lache oft, das bringe ich gerne ins Museum mit ein.

Haben Sie ein Lebensmotto?

Ja, eine Weisheit von Theodor Fontane: Zwischen Hochmut und Demut steht ein Drittes, dem unser Leben gehört, und das ist ganz einfach der Mut. Den muss man jeden Tag einbringen und sagen, ich gehe mutig voran und lasse mich nicht beirren.

Interview David Gutsche Foto: Jana Kay