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1. Mai in Mainz – Demo und Kundgebung des DGB

Foto: Sascha Kopp

Egal, wo man hinschaut: Streiks. Auch Mainz ist von den Arbeitskämpfen stark betroffen, etwa als die Lokführer fast das gesamte Schienennetz in Deutschland lahmlegten.
Der DGB Mainz ruft traditionell zum Tag der Arbeit auf unter dem Motto „Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit, mehr Demokratie“. Die Veranstaltung beginnt mit einer Demonstration um 11:30 Uhr am DGB-Haus in der Kaiserstraße und mündet in eine große Kundgebung um 13:00 Uhr auf dem Liebfrauenplatz.

Die diesjährige Veranstaltung stellt eine Gelegenheit dar, die Forderungen nach fairen Arbeitsbedingungen und sozialer Gerechtigkeit zu bekräftigen. „Wir stehen vor vielen Herausforderungen, darunter der demografische Wandel, die Digitalisierung und die Notwendigkeit, die Arbeitswelt klimaneutral zu gestalten. Umso wichtiger ist es, dass wir uns nicht nur auf diese Umbrüche vorbereiten, sondern sie aktiv und gerecht mitgestalten“, betont Christoph Hanschke, Vorsitzender des DGB-Stadtverbandes Mainz.

Zu den Höhepunkten des Tages zählen Reden von Susanne Wingertszahn, DGB-Bezirksvorsitzende und Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz. Ihre Beiträge werden sich auf die Bedeutung von Solidarität und die Rolle der Gewerkschaften in der heutigen Zeit konzentrieren.

Für Unterhaltung ist ebenfalls gesorgt: Neben musikalischen Darbietungen wird es Angebote für Kinder geben, darunter eine Hüpfburg, sowie Speisen und Getränke.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund vertritt die Interessen von mehr als 5,7 Millionen Mitgliedern in Deutschland. Der DGB setzt sich für die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein und fördert den sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt in der Gesellschaft.

Stillstand auf Gleisen und Straßen
Streiks gab es zuletzt nicht nur beim Lufthansa-Bodenpersonal, sondern auch im öffentlichen Bus und Straßenbahnverkehr. Mit einer Großkundgebung auf der Theodor-Heuss-Brücke machten die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) und etwa 3.000 Bus- und Straßenbahnfahrer auf ihre Forderungen aufmerksam. Das Ziel: Eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit, mehr Urlaub und höhere Entlastungstage für Schicht und Wochenendarbeitszeit. Der Berufspendler- und der Schülerverkehr wurde weitestgehend lahmgelegt. Auch bei diesem Arbeitskampf ging es, wie bei allen anderen Streiks, darum, vor allem die Folgen der Inflation für die Beschäftigten auszugleichen.

Alessandro Novellino ist stellvertretender Vorsitzender des DGB Stadtverbands Mainz (Foto: privat)

„Alle Segmente der öffentlichen Infrastruktur sind momentan stark im Fokus“, weiß Alessandro Novellino, stellvertretender Vorsitzender des DGB Stadtverbands Mainz. Dies zeigte sich zuletzt auch an der Demonstration rund um die Zentrale der DB-Cargo, zu der aufgrund des drohenden Stellenabbaus die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) aufrief. Stellenkürzungen in diesem Bereich seien unweigerlich mit dem Infrastruktur- Abbau verbunden, so Novellino. „Der Schienenverkehr ist auch im Sinne des Klimawandels ein essenzieller Sektor. Wir erleben derzeit keinen Ausbau, sondern sehen vielmehr dabei zu, wie dieser durch den Bundesverkehrsminister Wissing (FDP) zurückgefahren wird.“

Festgefahrene Verhandlungen
Auch Ärzte in den Kliniken setzten ihre Arbeit aus, um für bessere Bedingungen und mehr Lohn zu kämpfen. Die Mediziner legten für einen Tag die Arbeit nieder. Dies sollte den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen. Nach Meinung ihrer Interessenvertretung, dem Marburger Bund, waren die Verhandlungen im Tarifkonflikt mit den Ländern festgefahren. Die Ärzte fordern 12,5 Prozent mehr Lohn. In 23 Uniklinken in Deutschland wurde deshalb zu Warnstreiks aufgerufen. Mainz war davon nicht betroffen, denn hier gilt ein Haustarifvertrag. Dafür stellten auch hier zur Jahreswende die Hausärzte ihre Arbeit kurzzeitig ein. Zwischen der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und dem Arbeitgeberverband des Einzelhandels (HDE) konnte der Tarifkonflikt um die Einkommen für die Beschäftigten im Einzel- und Versandhandel in Rheinland-Pfalz bisher noch nicht gelöst werden. „Deshalb werden die Beschäftigten ausgesuchter Betriebe im Einzelhandel in Rheinland-Pfalz in einen Streik treten, um für gerechtere und existenzsichernde Einkommen zu kämpfen“, sagt Monika Di Silvestre, Landesfachbereichsleiterin und Verhandlungsführerin bei der Verdi Rheinland- Pfalz-Saarland. Deutliche Verbesserungen beim Stundenlohn werden gefordert.

Zuwachs in den Gewerkschaften
Die jüngsten Arbeitskämpfe bestärkten das Bewusstsein, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Nach Jahrzehnten der Stagnation verzeichnen ausnahmslos alle Gewerkschaften einen Mitgliederzuwachs. Für Novellino vom DGB gibt es hierfür tiefergehende Gründe als Tarifabschlüsse und Streikgeld. Vielmehr bemerkten Beschäftigte gerade, dass sie durch ihr Engagement für bessere Arbeitsbedingungen etwas erreichen können: „Viele, vor allem junge Menschen, erkennen, dass sie Handlungsmacht besitzen und etwas verändern können. Gewerkschaften sind dabei ein idealer Ort als Teil einer konstruktiven Sozialpartnerschaft, um Dinge effektiv und nachhaltig umzusetzen. Wir freuen uns über den großen Zulauf, das ist ein spannender Prozess, der gerade stattfindet.“ Besonders in Zeiten der Post-Corona-Jahren werde vielen bewusst, was in den vergangenen Jahren auf der Strecke geblieben sei, wo eigentlich etwas hätte geschehen müssen. Derzeit laufen beim DGB die Vorbereitungen für den 1. Mai. Auch um die Kommunal- und Europawahlen am 9. Juni dreht sich aktuell das Tagesgeschäft. Dringenden politischen Handlungsbedarf sieht Novellino vor allem beim Thema Bildung. „Durch den enormen Fachkräftemangel in allen Bereichen in der Bildungskette verspüren wir einen besonderen Handlungsdruck. Wir wollen hier mit den Kommunen und den Trägern auf Landesebene in den Dialog. Dabei steht die Frage im Vordergrund, wie wir in einer Verantwortungsgemeinschaft Veränderungen in Gang setzen können, die dringend notwendig sind.“ Eine der großen Herausforderungen sei dabei die derzeitige Haushaltspolitik, so Novellino. „Das ist das große Dilemma der Landes- und Bundesregierung. Wir bräuchten progressive Vorstöße, erleben aber eine restriktive und konservative Finanzpolitik.“ Die Streiks, die derzeit vielerorts laufen, dürften nicht falsch verstanden werden. Da gehe es nicht um „Freude am Streik oder einen anderen Selbstzweck“, erklärt der Gewerkschafter. „Gäbe es vernünftige Arbeitsbedingungen und ordentliche Löhne, wäre das Thema Streik vom Tisch. Momentan wollen die Arbeitgeber nicht einsehen, dass es eine Diskussion auf Augenhöhe geben muss“. Äußerungen, die auf ein Streikverbot abzielen, beobachtet der stellvertretende DGB-Vorsitzende des Mainzer Stadtverbands aufmerksam: „Wir sind schon besorgt, wenn wir sehen, in welche Richtung teilweise der Diskurs läuft. Einzelnen Gruppen das Streikrecht zu verwehren, weil sie im Bereich der kritischen Infrastruktur beschäftigt sind, lehnen wir klar ab.“ Im Kampf für bessere Arbeitsbedingungen setzt Novellino auf die „demokratische, inklusive Gesellschaft“.

Welche Gewerkschaften sitzen noch in Mainz?

IG Metall (Kaiserstraße 26)
Die Industriegewerkschaft Metall zählt deutschlandweit 2,14 Mio. Mitglieder und ist die weltweit größte organisierte Arbeitnehmervertretung. Hauptsitz ist Frankfurt. Die Gewerkschaft vertritt Beschäftigte aus den Branchen Metall, Elektro, Stahl, Textil, Holz, Kunststoff sowie aus der Informations- und Kommunikationstechnologie. In der Kaiserstraße ist der Sitz der Geschäftsstelle Mainz-Wiesbaden. Dort werden die Branchen in den Regionen Mainz, Alzey, Worms, Wiesbaden sowie die Landkreise Limburg- Weilburg und Rheingau-Taunus vertreten. Für die Betreuung der Betriebe sind die politischen Sekretäre der IG Metall zuständig. Die Gewerkschaft bietet Angebote für Jugend, Senioren, Vertrauensleute sowie Referenten an. Neben Bildungsarbeit in der Region werden regelmäßig Schulungen und Info-Veranstaltungen für Betriebsräte organisiert.

 

Verdi (Münsterplatz)
Verdi ist nach der IG Metall die zweitgrößte Gewerkschaft in Deutschland. Sie zählt knapp 2 Millionen Mitglieder. Eine der wichtigsten Aufgaben der Gewerkschaft ist die Absicherung von Beschäftigten durch Tarifverträge. Auch bei Verdi haben Mitglieder einen Anspruch auf Streikgeld und kostenfreien Arbeits- und Sozialrechtsschutz. Seit 2014 arbeiten „ver.di Rheinland- Pfalz“ und „ver.di Saar“ in einem gemeinsamen Landesbezirk Rheinland-Pfalz-Saarland zusammen. Der Hauptsitz des Landesbezirks befindet sich am Münsterplatz in Mainz. Darüber hinaus gibt es ein weiteres Landesbüro in Saarbrücken.

 

 

GEW (Martinsstraße 17)
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ist die Bildungsgewerkschaft im Deutschen Gewerkschaftsbund DGB. Sie ist föderal organisiert und besteht aus 16 Landesverbänden. Mitglieder der GEW sind an allgemein- oder berufsbildenden Schulen, in der beruflichen Bildung oder Weiterbildung, in Kitas, in anderen sozialpädagogischen Einrichtungen oder an Hochschulen beschäftigt. Studierende und Referendare sind gleichberechtigte Mitglieder. Neben der beruflichen Interessenvertretung bietet die GEW ihren Mitgliedern individuelle Leistungen, wie Informationen, Beratung und Versicherungsschutz. Die GEW versteht sich als „Mitmach-Gewerkschaft“. Möglichkeiten hierzu bieten die GEW-Kreise in Fachgruppen oder Arbeits- und Personengruppen.

EVG/GDL
Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) ist die größte Gewerkschaft des Eisenbahn- und Transportwesens. Sie steht in Konkurrenz zur Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL). Zur EVG zählen rund 180.000 und zur GDL etwa 37.000 Mitglieder. Während die GDL sich hauptsächlich um die Belange der Lokführer und Zugführer kümmert, richtet sich die EVG vor allem an das Servicepersonal der Deutschen Bahn. Die GDL unterhält eine Ortsgruppe Mainz-Wiesbaden und die Mainzer Vertretung der EVG befindet sich im Julius-Lehlbach Haus.

 

 

GdP (Nikolaus-Kopernikus-Straße)
Die Gründung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) geht auf das Jahr 1950 zurück. Entstanden ist sie aus der Interessengemeinschaft der Polizeibeamtenbunde in der britischen Zone und West-Berlin, die sich überregional aus unterschiedlichen Polizeivereinigungen zusammenschlossen. Die GdP steht seither als Berufsvertretung allen Polizeibeschäftigten (Polizisten, Verwaltungsbeamten und Tarifbeschäftigten) zur Mitgliedschaft offen. Sie organisiert rund 200.000 Mitglieder. Innerhalb der GdP vertreten so genannte Personengruppen spezifische Interessen von Frauen, Senioren und jungen Polizeibeschäftigten. Seit 1978 gehört die GdP dem Deutschen Gewerkschaftsbund an.

 

 

IG-BCE (Kaiserstraße 26)
Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie (IG-BCE) steht für mehr als 10.000 Mitglieder aus den Branchen wie Chemie, Glas, Pharma, Kautschuk, Kunststoff und Papier. Im IG-BCE Mainz sind rund 8.000 Mitglieder in über 70 zu betreuenden Betrieben entlang des Rheins von Ingelheim bis Worms und im Süden bis Grünstadt beschäftigt. Vorsitzender des Bezirksvorstands ist der ehemalige OB-Kandidat Christian Viering.

 

 

 

IG-Bauen-Agrar-Umwelt (Kaiserstraße 26)
Die Industriegewerkschaft Bauen- Agrar-Umwelt (IG BAU) ist mit über 200.000 Mitgliedern die fünftgrößte Einzelgewerkschaft im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Sie vertritt die Rechte von Bauarbeitern, Malern und Lackierern, Glasern, Dachdeckern, Gerüstbauern, Gebäudereinigern und vielen weiteren Berufen aus der Bau- und Agrarbranche.

Text Alexander Weiß

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