Man kann durchaus schon von einer Tradition sprechen: Bereits im dritten Jahr in Folge veranstalten das Staatstheater Mainz, mainzplus Citymarketing und der Kultursommer Rheinland-Pfalz die Opernnacht am Dom. Wo einen Tag zuvor am Samstag noch Blumen, Obst und Gemüse angeboten werden und gefühlt ganz Mainz zum Marktfrühstück zusammenkommt, werden über Nacht Bühne und Bestuhlung aufgebaut und beim Licht der langsam untergehenden Junisonne erklingen bekannte und unbekanntere Arien und Duette aus dem Opernrepertoire. Mit einer Weinschorle in der Hand können die Besucher so am besten das Wochenende am Sonntagabend ausklingen lassen – und so mancher Anwohner lädt Freunde und Familie an seinen Fensterplatz zum gemeinsamen Lauschen ein.
Den Auftakt macht in diesem Jahr die Ouvertüre zu Verdis Macht des Schicksals: Auftrumpfend und bewegt lasst Verdi die großen Konflikte musikalisch lebendig werden und welche bessere Kulisse als den prächtigen Mainzer Dom konnte es für diese Musik geben? Der Kirchenbau ist steinernes Zeugnis der Wechselhaftigkeit der Geschichte und eben der Macht des (so grausam zufälligen) Schicksals. Das oftmals widerstrebende Wechselspiel von privatem Glück und Staatsraison, das Verdi hier thematisiert, spiegelt sich somit in Musik und Kulisse. Zwei Arien aus der Oper Don Carlo desselben Komponisten sollen Lust machen auf eine Neuinszenierung am Staatstheater Mainz im Frühjahr 2018: Auch hier passt die Kulisse, steht doch die unheilvolle Verquickung von Kirche und Staat im Mittelpunkt der Handlung. Daneben wird aber auch die französische Oper mit Arien aus Gounods Romeo et Juliette und Saint-Saens‘ Samson et Dalila nicht zu kurz kommen.
Im zweiten Teil kommen dann Rossini, Lehár, Offenbach und Mozart zu Gehör – und lassen mit Esprit und Humor den Abend ausklingen. Beliebte Ensemblemitglieder präsentieren sich an diesem Abend von ganz unterschiedlichen Seiten, wenn Vida Mikneviciute zum Beispiel zunächst das unglückliche Liebesschicksal der Elisabetta di Valois – die als Königin zur Schwiegermutter ihres früheren Geliebten Don Carlo geworden ist – beklagt und dann im Vilja-Lied der Hanna Glawari als lustige Witwe wiederkehrt. Oder Derrick Ballard, der machtvoll Verdis Atilla auferstehen lasst, nur um danach im Duett mit Mezzosopranistin Geneviève King in die Rolle des etwas trotteligen Verehrers und späteren „Schein-Onkels“ Taddeo in Rossinis Italienerin in Algier zu schlüpfen. Brett Carter wird den Freiheitswillen des Marquis von Posa musikalisch zur Geltung bringen, während Steven Ebel und Alexandra Samouilidou Shakespeares
berühmtestes Liebespaar in Gounods Fassung zum Leben erwecken. Das Philharmonische Staatsorchester Mainz unter Generalmusikdirektor Hermann Bäumer ist dabei verlässlicher Begleiter und bereitet mit Ouvertüren und Intermezzi das musikalische Bett.
Intendant Markus Müller wird gewohnt kurzweilig und informativ durch den Abend führen.