Im bundesweiten Städtevergleich sind die Mainzer Entwässerungsentgelte mit am günstigsten. Daran wird sich auch 2022 nichts ändern. Obwohl Gebühren und Beiträge dann zum ersten Mal seit 10 Jahren wieder angehoben werden. Ab dem 1. Januar kostet der Kubikmeter Schmutzwasser 1,62 €. Für das Niederschlagswasser werden dann 0,75 € pro Quadratmeter fällig. Das sind 22 bzw. 15 Cent mehr, als bislang.
Die Gründe sind allgemeine Kostensteigerungen, Tariflohnerhöhungen, Investitionen, aber auch der Verlust von ‚Großkunden‘ wie Cargill oder Nestlé. „Unter dem Strich war das in Gänze einfach nicht mehr aufzufangen“, erklärt die Vorstandsvorsitzende des Wirtschaftsbetrieb Mainz (WBM).
Bereits die immense Bandbreite des Aufgabengebiets ‚Entwässerung‘ ist kalkulatorisch eine echte Herausforderung. Kläranlage, Kanalisation, Rückhaltebecken, Pumpwerke, Fahrzeuge, Geräte, Maschinen, Buchhaltung, Abrechnung und rund 200 Frauen und Männer, die all das bearbeiten bzw. bedienen: Um nur einmal die wichtigsten Variablen zu nennen, die eingeplant, berechnet und verbucht werden müssen.
Doch damit ist es immer noch nicht genug. Es gibt weitere Faktoren, die Wetterling und Co. das Gebührenleben schwer machen. Faktoren, die vom Wirtschaftsbetrieb nicht zu beeinflussen sind. „Es landen einfach viele zu viele Dinge in der Kanalisation, die dort nicht hingehören“, sagt die Firmenchefin. Windeln, Wattestäbchen, Essensreste, Binden, wasserfeste Küchen-, vor allem aber Feuchttücher sorgen in der Kläranlage nicht nur für einen stetig wachsenden Müllberg, der anschließend teuer entsorgt werden muss. „Noch schlimmer sind die Schäden, die dadurch an unseren Anlagen entstehen können“, so die Unternehmenschefin. Verstopfte Zuläufe zum Beispiel. Oder lahmgelegte Abwasserpumpen. Zuletzt war ein Rechen unter der Abfalllast, die in seinem Inneren angefallen war, regelrecht zusammengebrochen. Bei seinem Einbau vor nicht einmal zehn Jahren war mit solchen Mengen nicht zu rechnen gewesen und das Maschinenteil deshalb auch nicht dafür ausgelegt. Eine Reparatur war unmöglich, der Rechen musste getauscht werden. Der Schaden allein in diesem Fall: rund 70.000 Euro. „Geld, dass wir größtenteils sparen könnten, wenn wasserunlösliche Stoffe nicht über die Toilette oder den Abfluss entsorgt würden“, so Wetterling.
Weil das auch für kleinste, sogenannte Mikroschadstoffe gilt, wie zum Beispiel Arzneimittelrückstände, Röntgenkontrastmittel oder Pestizide, laufen seit rund einem Jahr bereits die Planungen für eine vierte Reinigungsstufe. Frühestens 2026 wird die Mainzer Kläranlage entsprechend aufgepeppt sein. Auch das wird Geld kosten und die Entgelte erneut steigen lassen. Dagegen wird die Gebühren- und Abgabenschraube durch die Klärschlammverbrennungsanlage nicht weiter angezogen – im Gegenteil. Denn auch wenn der Bau länger gedauert und die Anlage dadurch unter dem Strich mehr gekostet haben wird als geplant, „zahlen die meisten Gesellschafter der Thermischen Verwertung Mainz GmbH für die Entsorgung ihres Klärschlamms weniger als auf dem freien Markt“, sagt Jeanette Wetterling und erklärt auch warum: „Einer der Gründe, die Anlage zu bauen war ja, dass wir von steigenden Entsorgungskosten überzeugt waren.“ Mittlerweile habe sich der Preis verdreifacht „und das hat sogar unsere extremsten Prognosen bei Weitem übertroffen“, so Wetterling.