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Der große sensor-Test: Die besten Mainzer Brathähnchen

Im Jahr 2018 betrug der Pro-Kopf-Verbrauch von Geflügel durchschnittlich 13,2 kg – Tendenz steigend. Oder doch nicht? Denn wird bald die Mehrwertsteuer für Fleisch erhöht? Der Tierschutzbund lehnt den Vorschlag ab. Bestimmte – vermutlich die ärmeren – Verbrauchergruppen würden zu sehr abgestraft. Eine andere Form der „Fleischabgabe“ wäre nach Ansicht des Tierschutzbundes weitaus sinnvoller. Das denken wir auch und machen uns daher auf die Suche nach den besten Hähnchen. Die erste Überraschung: So groß ist die Auswahl gar nicht in Mainz – dafür aber die Unterschiede.

Hähnchen-Mobile
Zwei größere mobile Hähnchen-Anbieter sind unterwegs in Mainz und Umgebung: in gelb die Firma Gaumenschmaus dienstags am Wochenmarkt bzw. Netto in Mombach und mittwochs auf dem Wochenmarkt in Gonsenheim. In roten Trucks ist es Nuri‘s Hähnchengrill: samstags am Netto in der Neustadt (Sömmeringstr.) sowie montags und donnerstags am Netto in Weisenau (Hechtsheimer Str.). Gaumenschmaus betreibt die Mobile seit über 40 Jahren und zählt über 200 Hähnchen-Stände in ganz Deutschland. Zum Sortiment gehören auch Putenkeulen, Pommes und kleine Salate in der Plastikverpackung. Nuri‘s kommen aus der Türkei, man arbeitet mit mehreren Mobilen im Raum Mainz / Wiesbaden. Das Sortiment ist etwas kleiner als bei Gaumenschmaus und die Preise etwa 20 Cent günstiger. Beide Betreiber beziehen das Fleisch von der Firma Wiesenhof, die zur PHW-Gruppe gehört (Rang 30 unter den größten Lieferanten des deutschen Lebensmitteleinzelhandels). Pro Woche schlachtet PHW an die 5 Mio. Hähnchen. Daneben ist sie auch ein führender Anbieter von Tierfutter und Impfstoffen für Tiere. Das Unternehmen ist wiederholt in die Kritik geraten, da es in Subunternehmen zu Tierquälerei gekommen sein soll. Außerdem wird ihm vorgeworfen, osteuropäische Arbeiter zugunsten der Gewinnoptimierung auszunutzen und Raubbau an (Grund-) Wasservorräten zu betreiben. Das mit Plastikbesteck im Kiosk-Ambiente verzehrte Hähnchen bei Gaumenschmaus ist auch nahezu geschmacklos. Wenig knusprig das Ganze, Fettgehalt mittel; man möchte eigentlich nicht wissen, was man da gerade verspeist hat. Auch die Pommes sind eher unterdurchschnittlich. Das halbe Hähnchen liegt bei 4,20 Euro, der Schenkel bei 2,30 Euro. Nuri’s Hähnchen schneiden bei unserem Test geschmacklich besser ab und sind knuspriger. Auch die Pommes sind in Ordnung. Das halbe Hähnchen liegt bei 4 Euro, das ganze bei 7,50 Euro. Pommes 2 Euro. Bei beiden Anbietern der Wiesenhof-Hähnchen sollte jedem klar sein, dass es sich um echte Massentierhaltungsware handelt.

Zarkos Grillstation (Gewerbegebiet Hechtsheim)
Ein weiterer Imbisswagen steht in Hechtsheim (Rheinhessenstr. 7) hinter McDonalds: Zarkos Grillstation. Der leicht gammlige Wagen führt Grillhähnchen und allerlei fleischliche Gelüste: Curry- & Bratwürste, Cevapcici, Frikadellen und Schnitzel. Dazu kommen kleine Salate in der Plastikverpackung, Pommes und Getränke. Die Hähnchen sind auch hier vom alten Bekannten Wiesenhof / PHW und waren gegen 15 Uhr ziemlich trocken, kaum knusprig, aber ganz ok gewürzt. Das halbe Hähnchen kommt für unschlagbare 3,70 Euro, das ganze für 7,40 Euro. Wohl bekomm’s – oder auch nicht.

KFC (Kastel und Bretzenheim)
Das klassische halbe Hähnchen gibt es hier zwar nicht, aber dafür die sagenumwobenen „Hähnchenteile“ im Pappeimer. Das US-amerikanische Franchise-Fastfood-Unternehmen gehört mit mehr als 20.000 Restaurants zu den weltweit größten Restaurantketten, ist aber zur Mittagszeit eher spärlich besucht. Den sterilen, leicht abgehalfterten ersten Eindruck macht die gar nicht systemgastronomisch auftretende Bedienung wett und stellt uns hilfsbereit ein Sparangebot zusammen. Neben dem Coleslaw gibt es kochend heißes Kartoffelpüree mit Gravy, einer Art Bratensauce. Das passt ganz gut zu den dick panierten Hähnchenteilen, die würzig schmecken und nicht zu trocken, aber ziemlich fettig sind. Bei der Zubereitung des vor Ort panierten zarten Fleischs schwört die Kette auf ein streng gehütetes „Geheimrezept“ aus elf Kräutern und Gewürzen – Legenden gehören wohl einfach dazu. Zu erwähnen sei noch die Hot & Spicy-Variante der Chickenteile. Außerdem gibt es Burger und Wraps, weitere Beilagen und Getränke im Refill. Organisationen wie PETA warfen Zulieferfirmen und KFC in der Vergangenheit immer wieder Verstöße gegen Tierschutz und Umweltschutzbestimmungen vor. Wogegen KFC selbst das Better Chicken Commitment (BCC) unterzeichnet hat – eine freiwillige Selbstverpflichtung zur Verbesserung der Lebensbedingungen von Tieren… Chicken One (Gonsenheim) In der Elbestraße 90 liegt der KFCähnliche Laden der Familie Gusan. Vor acht Jahren gründete sie hier ihre 100%-halal-Hühnchen-Idee und versteht sich nicht als Fast-Food-Restaurant. Dennoch mutet der Laden so an und auch die halal-Bezeichnung schützt nicht davor, dass die Lieferung von der Firma Drobimex aus Polen stammt. Auch hier ist wieder die bekannte PHW Gruppe (u.a. Wiesenhof) aktiv, die vor knapp 20 Jahren durch die Übernahme eines Mehrheitsanteils an Drobimex-Heintz auch für den polnischen Markt produziert. Auch wenn Chicken One frisch zubereitet (Chickenteile, Filets, Burger und Wraps), schmeckt man Hähnchenleid heraus und fühlt sich danach leicht mit Tier-Impfstoffen gepökelt. Die Panade schmeckt gut und auch Zubehör wie Krautsalat und Salatsauce sind lecker. Im Restaurant verwende man echte Teller und Besteck – allerdings war das bei unserem Besuch aus und es gab Plastikbesteck in der Plastikverpackung. Ein Hähnchenteil kostet 2 Euro, je mehr man bestellt, desto höher der Rabatt. Pommes ab 2,20 Euro, Burger ab 4,50 Euro.

Chicken Kokio (Oberstadt, Schillstr. 87)
Man fühlt sich versetzt nach Asien mit Asia TV und einigen Koreanern, die hier herum lungern. Eine Toilette gibt es nicht, denn eigentlich wird mehr außer Haus geliefert. Dennoch kann man speisen wie in Korea – das besondere sind die Menüs: Kokio Chicken Balls in drei Varianten mit sehr leckeren Soßen, gebratenes Hähnchen mit Gemüse, der Kokio Wing oder der Chicken Pom Ball mit kleinen Kartoffelwürfeln. Alles sehr lecker zubereitet. Wobei auch hier die Herkunft des Fleisches zweifelhaft bleibt (laut Koch-Aussage ein Frankfurter Großhändler). Trotzdem pfiffiges Konzept, auch die teils asiatischen Getränke, der freundliche Koch, ein Mini-Billardtisch und freies W-Lan. Geheimtipp!

Palmengrill (Lotharstraße 24)
Im Palmengrill nahe der Römerpassage ist Selbstbedienung angesagt. Das freundliche und schnelle Personal lädt unser halbes Hähnchen mit Pommes (5,80 Euro) samt Teller auf ein schwarzes Tablett. Coleslaw 1 Euro extra. Alternativ zu Pommes gibt es Reis. Geschmacklich kann das Hähnchen einigermaßen mithalten, es ist zwar nicht besonders knusprig, auch nicht trocken, sondern eher saftig- fettig. Abzüge gibt es für den klebrig-dickflüssigen Ketchup. Wer nicht auf Imbiss-Atmosphäre steht, kann draußen in der Fußgängerzone Platz nehmen. Das Hähnchen gibt es auch als kleine Portion in Form einer Keule mit Pommes für 4,80 Euro. Ansonsten führt der Laden auch Burger sowie Rinds-(Curry-)Wurst. Keine Spitzenqualität, dafür sehr günstig – wenn es schnell gehen soll und man nicht mehr wissen möchte. Hahnenhof (Wallaustraße 18 / Frauenlobplatz) Wir hatten es schon geahnt, der Hahnenhof ist die Premium-Anlaufstelle für Brathähnchen-Liebhaber. Das dort verwendete Geflügel ist keine Massenware, sondern kommt frisch von ausgewählten Geflügelhöfen, das Fleisch aus dem Odenwald. Die Suppen und Saucen sind glutenfrei, Zusatzstoffe und Geschmacksverstärker haben beim österreichischen Küchenchef keine Chance. Wir ordern ein halbes Kräuterhendl vom Grill (13,50 Euro) und ein ausgelöstes Wiener Backhendl mit Kartoffel- Gurken-Salat (17,50 Euro). Das Brathähnchen Best of Mainz Der grosse Test Kräuterhendl, bei dem der Koch die Kräuter vorher in die Haut einmassiert hat, ist knusprig und lecker, die Pommes nebst Soßen genau wie sie sein sollten. Die Bedienung ist sympathisch und wirkt professionell. Die Bestnote gibt es für das Backhendl, welches auch Fleischessern mit Knochenphobie gefallen dürfte. Die Panade ist kross und weder zu dünn noch zu dick. Der dazu servierte Kartoffel-Gurken-Salat erfrischend lecker und in seiner Schlichtheit überzeugend. Wer sich etwas gönnen möchte, bleibt bis zum Nachtisch (Kaiserschmarrn!).

Hahnenhof (Wallaustraße 18 / Frauenlobplatz)
Wir hatten es schon geahnt, der Hahnenhof ist die Premium-Anlaufstelle für Brathähnchen-Liebhaber. Das dort verwendete Geflügel ist keine Massenware, sondern kommt frisch von ausgewählten Geflügelhöfen, das Fleisch aus dem Odenwald. Die Suppen und Saucen sind glutenfrei, Zusatzstoffe und Geschmacksverstärker haben beim österreichischen Küchenchef keine Chance. Wir ordern ein halbes Kräuterhendl vom Grill (13,50 Euro) und ein ausgelöstes Wiener Backhendl mit Kartoffel- Gurken-Salat (17,50 Euro). Das Brathähnchen Best of Mainz Der grosse Test Kräuterhendl, bei dem der Koch die Kräuter vorher in die Haut einmassiert hat, ist knusprig und lecker, die Pommes nebst Soßen genau wie sie sein sollten. Die Bedienung ist sympathisch und wirkt professionell. Die Bestnote gibt es für das Backhendl, welches auch Fleischessern mit Knochenphobie gefallen dürfte. Die Panade ist kross und weder zu dünn noch zu dick. Der dazu servierte Kartoffel- Gurken-Salat erfrischend lecker und in seiner Schlichtheit überzeugend. Wer sich etwas gönnen möchte, bleibt bis zum Nachtisch (Kaiserschmarrn!).

Ayam Saman (Schottstraße 7 / Hbf)
Als Nachfolgebetrieb eines 80er-Jahre-Italieners am Hauptbahnhof besteht der syrische Imbiss seit knapp zwei Jahren. Das lebendige Flair zieht einheimische Syrer und Mainzer gleichermaßen an. Bedient wird nicht im Stil verträumter Hipster, sondern fast schon übermotiviert. Das klassische halbe Hähnchen (6 Euro) ist schmackhaft und einigermaßen kross, die Pommes kommen mit einer Knoblauchsoße, die auch beim Frühstück am nächsten Tag noch mitspielt. Spezialität sind die Hähnchenteile vom Holzkohlegrill. Die sind weniger fettig, dafür mit echtem Grillgeschmack. Einen Besuch wert!

Fazit
Uns ist schlecht nach so viel Hähnchen. Man fühlt sich irgendwie vollgestopft mit Impfstoffen, Geschmacksverstärker haben für einen unguten Suchtfaktor gesorgt. Das meiste Zeug liegt zudem schwer im Magen. Außerdem kommen die meisten Tiere wohl aus eher dubiosen Quellen. Nun möchte man Vegetarier werden. Für alle, die das nicht schaffen: Komische Stände mit Fast Food-Massenware und unklaren Quellen meiden und stattdessen hin und wieder zum besseren Restaurant (z.B. Hahnenhof) gehen oder das Bio-Hähnchen beim Dealer des Vertrauens erwerben und zubereiten.

P.S.: Der neue Golden Grill an der Römerpassage ist noch nicht drin. Der hatte erst kurz vor unserem Drucktermin eröffnet.

von Daniel Sieben & David Gutsche
Fotos: Stephan Dinges