von Michael Erfurth (Artikel aus der Mainzer Allgemeinen Zeitung)
Draußen auf dem Schillerplatz herrscht städtischer Trubel, im Osteiner Hof aber fühlt man sich in eine andere Zeit und Welt versetzt. Das barocke Palais gehört zu den schönsten und geschichtsträchtigsten Gebäuden in Mainz – jetzt droht der Leerstand mit all den damit zusammenhängenden unschönen Begleiterscheinungen.
Zwischen 1747 und 1752 als barocker Familienhof für den Kurmainzer Oberamtmann Franz Wolfgang Damian von Ostein errichtet, wurde der Bau schon wenige Jahrzehnte später zu Zeiten der Französischen Revolution militärisch genutzt. Franzosen, Amerikaner und Deutsche: Sie alle schätzten die repräsentativen Räume in zentraler Lage. Doch die Tage, in denen die Militärs in dem schmucken, aber sanierungsbedürftigen Palais das Sagen hatten, sind gezählt.
Seit über zehn Jahren ein Thema
Seit über zehn Jahren wird über den Verkauf des denkmalgeschützten Osteiner Hofs gesprochen, 2008 hatte die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) das „Gouvernement“ mit einer Nutzfläche von über 4.200 Quadratmeter im 3.500 Quadratmeter großen Karree zwischen Ballplatz, Schillerplatz und Gaustraße für einen Kaufpreis von neun Millionen Euro angeboten. Von geschätzten zehn Million Euro, die ein neuer Eigentümer für die Sanierung einkalkulieren muss, war damals die Rede – all dies erschwert die Vermarktung. Laut Bima sind 2008 die Verkaufsbemühungen eingestellt worden, da die damaligen „temporären Nutzungsabsichten der Bundeswehr nicht mit den Nutzungsvorstellungen der Kaufbewerber zu vereinbaren waren“.
Ende 2013/Anfang 2014 soll die Immobilie ohne Preisvorgabe erneut angeboten werden. „Aufgrund bestehender Kontakte zu Investoren ist von Nachfrage auszugehen, sodass eine Zwischennutzung nicht erwogen werden muss“, so die Stellungnahme der Bima. Über Interessenten und Nutzungsabsichten könnte noch keine Auskünfte erteilt werden. Aus Sicht der Bundesanstalt sind sowohl Wohn- als auch gewerbliche Nutzungen denkbar.
Die Bundeswehr hat damit begonnen, den Osteiner Hof zu räumen, im Herbst wird er weitgehend leerstehen und im März 2014 „besenrein“ an die Bundesanstalt übergeben, wie Oberstleutnant Uwe Schmelzeis, (noch) Leiter der Informationsarbeit beim Wehrbereichskommando II, beim Rundgang durch das geschichtsträchtige Haus berichtet.
Wie ein kleines Schloss
Beim Durchschreiten der breiten Toreinfahrt fällt der Blick auf die einst barocke Gartenanlage im Hof. In der Einfahrt führt links eine breite Freitreppe ins erste Geschoss, wo vier große Repräsentationsräume mit hohen Fenstern und Flügeltüren den Eindruck erwecken, man befinde sich in einem kleinen Schloss. Von hier aus geht es auf den großen Balkon, von dem aus alljährlich am 11.11. der MCV das närrische Grundgesetz verlesen lässt. In diesen Räumen empfängt der Befehlshaber seine Gäste, bietet die Deutsch-Altantische Gesellschaft Diskussionsrunden mit interessanten Gästen an und finden weitere Veranstaltungen statt.
Das zweite Geschoss ist geprägt von Büros – dort ist auch das des Befehlshabers. In der dritten Etage unterm Dach sind spartanisch eingerichtete Übernachtungsräume. Fast alles wirkt etwas alt und grau, die Wände wurden schon lang nicht mehr gestrichen, da die Bundeswehr seit einem Jahrzehnt mit dem Auszug rechnet. Interessant ist auch der mächtige Gewölbekeller, hier könnte man sich gut ein Kellerlokal vorstellen.
Ahnengalerie ins Museum?
Was aus den alten Gemälden wird, die Repräsentationsräume schmücken, und aus der „Ahnengalerie“ der Befehlshaber, ist noch ungewiss. Womöglich wird einiges im privat geführten Garnisonsmuseum in der Zitadelle eine neue Heimat finden, einige Gemälde sind Leihgaben, ein altes Gutenbergbildnis könnte für das Gutenbergmuseum von Interesse sein.
Mit der Auflösung des Wehrbereichskommandos II räumt Generalmajor Gerhard Stelz Ende März sein Büro im Osteiner Hof. Andere Soldaten ziehen um in die GFZ-Kaserne an der Freiligrathstraße, wo sie vorübergehend untergebracht werden, bis die Hechtsheimer Kurmainzkaserne entsprechend der Neustrukturierung des Bundeswehrstandortes Mainz umgebaut worden ist.
Nach den derzeitigen Plänen soll bis 2019 die GFZ-Kaserne aufgegeben und vermarktet werden. Hier möchte die Stadt gerne ein neues Wohnviertel entstehen lassen. Von einst 800 Soldaten bleiben etwa 400, die in der Kurmainzkaserne konzentriert werden – im Landeskommando, dem Feldjägerdienstkommando, der Sportfördergruppe und einem neuen Karrierecenter. Gerade ein Landeskommando, das als Repräsentant der Bundeswehr gegenüber der Landesregierung und zivilen Behörden fungiert, könnte den repräsentativen Osteiner Hof gut gebrauchen, heißt es in Soldatenkreisen. Doch dies wird wohl ein Wunschtraum bleiben.