Beruf
Was sind Ihre Aufgaben?
Wir sorgen dafür, dass die Bürger sich sicher im Internet und anderen Medien bewegen können, dass die Gesetze eingehalten werden und jeder möglichst viel entscheiden kann, was von ihm an personenbezogenen Daten bei öffentlichen Stellen und privaten Unternehmen vorhanden ist. Außerdem ist gerade ein neues Gesetz verabschiedet worden, das Transparenzgesetz. Hier geht es darum, dass jeder Bürger vom Staat wissen darf, welche Informationen da sind. Also dass der Bürger nicht mehr die Behörde fragen muss, sondern dass es künftig ein Internet- Portal gibt, wo alles drin steht. Alle Ministerien werden drin sein und alle Landesbehörden.
Seit Oktober gibt es auch ein neues Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung von personenbezogenen Daten. Zehn Wochen sollen viele Daten gespeichert werden dürfen. Was halten Sie davon?
Das Verfassungsgericht wird wieder darüber entscheiden müssen. Das Gesetz kann meines Erachtens rechtlich nicht halten. Es ist ein zweistufiges System, das heißt, wenn wir jetzt telefonieren, werden unsere Nummern von unseren Providern gespeichert, weiter passiert nichts. Wenn es aber ein Ermittlungsverfahren gibt, wo mein Name auftaucht, dann kann die Polizei sagen: Geben Sie mal die Daten heraus! Dann ist alles da, was in den letzten zehn Wochen aufgezeichnet wurde. Bei Daten, die den Standort des Nutzers betreffen, sind es immerhin vier Wochen. Und wenn die Daten da sind, können alle darauf zugreifen, auch eine NSA etc., das geht nicht!
Wie kann man sich im Internet schützen?
Man kann statt Google auch andere Suchmaschinen nutzen. Und vor allem Privacy-Einstellungen sollte man ernst nehmen, da klicken wir oft zu schnell „Yes“ bei den Bedingungen. Das beste Beispiel ist Windows 10, bei dem nun auch Microsoft versteckte Daten einsammelt. In den Einstellungen kann man es oft so einrichten, dass möglichst wenige Daten verbreitet werden. Und es gibt Verschlüsselungs-Systeme und auch hier eine Reihe von Anbietern.
Und bei Problemen kann man sich direkt an Ihre Behörde wenden?
Ja genau. Wir erhalten zum Beispiel Beschwerden über Versicherungen, über eine Kommunalverwaltung, die Daten rausgegeben hat, was sie nicht sollte oder im Privatbereich z.B. bei Videoüberwachung. Einfach in den Fällen, in denen die Menschen den Eindruck haben, mit ihren Informationen oder Daten wird etwas gemacht, was nicht in Ordnung ist. Es ist ähnlich wie bei der Verbraucherschutzbehörde.
Viele sagen: „Ich habe nichts zu verbergen.“ Ist das naiv gedacht?
Nehmen Sie mal Facebook. Keiner weiß, wie die ihre Daten verknüpfen. Klar hat der unbescholtene Bürger nichts zu verbergen, aber man weiß eben nicht, wie diese Informationen zusammengebaut werden zu irgendwas anderem. Und dann bekommen sie doch von irgendeiner Versicherung ein Angebot, etc. Da ist eine Unsicherheit, wer welche Informationen über uns gesammelt hat. Und auch die Cyber-Kriminalität nimmt zu. Ziel sollte sein, die Zugriffsschwelle zu erhöhen, d.h. ich mache es den anderen so schwer wie möglich.
Mensch
Sie haben Jura in Mainz studiert. Kommen Sie auch von hier?
Ich komme aus der Südpfalz, bin in Landau geboren und dort zur Schule gegangen. Jetzt wohnen wir in Mainz Bretzenheim. Ich habe auch hier an der Uni Jura studiert sowie in Frankreich in Dijon, was damals noch ungewöhnlich war, im Ausland zu studieren. Heute ist es ja selbstverständlich. Danach habe ich promoviert und habilitiert zum Thema Informationsfreiheit: „Informatorische Rechtsstellung des Bürgers“. Dann habe ich einen Ruf an die Deutsche Hochschule der Polizei in Münster bekommen. Ich bin jetzt dort auch noch Professor, allerdings derzeit beurlaubt.
Wie steht die Polizei zum Thema Datenschutz?
Da geht es sehr viel um Daten und Datenschutz, man darf ja nicht einfach so an alle möglichen Daten heran. Die Polizei neigt dazu, immer mehr Daten zu wollen, auch wenn sie gar nicht alles unbedingt braucht. Ich meine: Wenn man‘s nicht braucht, lieber gar nicht. Das läuft dort insbesondere über „Inpol“, eine Benutzeroberfläche, auf die alle Polizisten zugreifen können. Im Einzelnen gibt es aber da mehrere Ebenen mit verschiedenen Zugriffsberechtigungen.
Wie nutzen Sie privat das Internet?
Ich nutze Facebook, WhatsApp aber nicht. Ich bin sehr restriktiv, wohlwissend: Das, was da drin steht, kann ich nicht kontrollieren. Ich bin auch bei Twitter. Als Nachrichtenbörse ist das hilfreich, wenn man zum Beispiel den Leuten „followed“, die mit Datenschutz oder Informationsfreiheit zu tun haben. Ich nutze es aber tendenziell eher beruflich.
Sie haben von Frankreich geschwärmt, sind Sie ein frankophiler Mensch?
Frankophil ja, seitdem ich damals in Dijon war, fahre ich da immer wieder gerne hin. Nach den Attentaten, die uns alle treffen, erst recht. Mein zweites Interesse gilt dem Land Polen: Als ich hier studiert habe, lernte ich Polnisch an der Uni. Über eine Sprache bekommt man dann auch Zugang zur Kultur. Und ich gehe gerne ins Kino und mag am liebsten abgedrehte Kultfilme. Tarantino ist schon gut, oder Filme, die sich nur wenige angucken. Toll fand ich damals „Muxmäuschenstill“.
Was war Ihr Berufswunsch als Kind oder Schüler?
Ich wollte immer das Aktuelle Sportstudio moderieren. Damals gab es einen Moderator, der auch Jurist war und auch noch als Student hab ich gedacht, das kannst du ja auch so machen. Ich bin zwar kein Sportler, wenn dann eher so Ausdauersachen, aber Medien mit Sport zu verbinden fand ich klasse. Die Faszination damals war auch die Mischung aus Sachthema und Entertainment. Als ich Schüler war, gab‘s diese Mischung so im Fernsehen noch selten: Infotainment fand ich damals schon reizvoll.
Interview David Gutsche Foto Jana Kay